Wer nicht anfängt, wird nicht fertig

Sie würden ja gerne. Am liebsten schon morgen. Aber es erzählt sich viel leichter als es sich schreibt. Die Aussicht, jeden morgen vor einen leeren Bildschirm zu hocken und Ihre Geschichte Zeile für Zeile aufzuschreiben, schreckt Sie ab. Ausserdem ist die Geschichte nicht in allen Punkten klar. Manche wichtige Teile sind noch Schemen im Nebel. Und überhaupt: Aus welcher Perspektive sollen Sie schreiben, in welcher Reihenfolge, an welchen Orten soll die Handlung spielen und wie genau erwecken Sie die Figuren zum Leben?

Wichtige Fragen, zugegeben. Hätten Sie alle Antworten bevor es losgeht – das wäre ein Gewinn. Gut möglich, dass Sie dann viel schneller einen flüssig geschriebenen, in sich schlüssigen, langweiligen Roman fertig bekämen.

Insider-Tipp zum Roman schreiben: Trotzdem anfangen

Wer alle Antworten hat, mag im Vorteil sein. Das ist schwer zu beurteilen, weil es nie vorkommt. Viele Autoren berichten, dass ihre Figuren sich verselbstständigen und die Geschichte sich beim Schreiben anders als geplant entwickelt. Es ist beim Schreiben wie im richtigen Leben: Es kommt immer anders als man denkt. Das heisst zweierlei: Ja, machen Sie sich einen Plan. Und nein, er muss nicht perfekt, nicht flächendeckend und für alle Eventualitäten passend sein. Er muss den Raum eröffnen, in dem sich Ihre Geschichte abspielt, ein wenig Orientierung stiften und ein paar Etappenziele definieren. Sobald das in etwa gelungen ist, können (und sollten) Sie loslaufen.

Einen Roman schreiben: Ohne Halt zum Rohentwurf

Wenn Sie Ihren (mangelhaften, unvollständigen, verbesserungsbedürftigen) Plan fertig haben, fangen Sie also an zu schreiben. Ihr Ziel ist aber noch kein fertiger Roman, sondern ein Rohentwurf. So wie ein Architekt ein Modell baut, damit man sich das fertige Haus vorstellen kann, schreiben Sie einen Rohentwurf, damit Sie den Roman sehen und fühlen können. Manche Schlüsselszene werden Sie schon ausformulieren. Andere Szenen oder ganze Kapitel sind vorerst nur ein Platzhalter: «Rückblende in die Schulzeit – hier muss klar werden, warum Doris nicht studieren konnte, obwohl sie doch begabter war als ihr Bruder Klaus, der als Ingenieur Karriere machte.»

Vielleicht hat Ihr Rohentwurf nur 5 oder 10 Prozent des Umfangs Ihres fertigen Romans. Bestimmt enthält er viele Passagen, die noch nicht stimmig sind. Texte, die schief klingen und nicht ins Gesamtbild passen. Das macht nichts. Ein Rohentwurf ist immer schlecht. Das können Sie vorher wissen. Kein Grund zur Aufregung also. Hauptsache, er lässt Sie spüren, wie das Endprodukt sich anfühlen könnte, wo die Geschichte schon schlüssig ist und wo Sie noch frische Ideen brauchen.

Einen Roman schreiben: Ab hier vor allem Fleissarbeit.

Der Rohentwurf ist die wichtigste Hürde, die Sie nehmen müssen, damit aus Ihrem Roman-Traum ein echtes Buch wird. Wenn der einmal steht, wird anschaulich, woran Sie weiter arbeiten müssen, wo noch Recherchen nötig sind und was Sie besser hinzufügen oder weglassen. Entscheidend ist: Jetzt ist der Roman keine nebelverhangene Grossbaustelle mehr, sondern eine Reihe klar umrissener Einzelprobleme, die Sie, eins nach dem anderen, angehen können.

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