Zwerg Zinos unvergessliches Purzeltag-Abenteuer
Zwerg Zino organisiert an seinem Geburtstag für seine besten Freunde Gabi, Wilma und Benno eine Schnitzeljagd. Dabei erfährt König Karl von einem Abenteuer…
Brigitte Jerg
Zwerg Zinos unvergessliches Purzeltag-Abenteuer
Schon seit langem freute sich der Zwerg Zino auf seinen Geburtstags-Purzeltag. Diesmal hatte er sich nämlich für sein Fest etwas ganz Besonderes ausgedacht. Er wollte seine besten Freunde mit einer Schnitzeljagd überraschen. Nein, natürlich sollte es keine Suche nach einem gebratenen, knusprigen Schnitzel werden! Sondern es sollten dabei Papierstreifen gesucht werden!
Diese Zettelchen wurden vom Zwerg zuerst mit einer Nachricht versehen. Er gab sich dabei so grosse Mühe, dass die Buchstaben wie gedruckt aussahen. Danach zog er sich seine rote Mütze über, schnallte sich den Gürtel übers blaue Wams und huschte froh gelaunt durch den stillen, noch schlafenden Wald. Zino versteckte der Reihe nach seine Botschaften in der nahen Umgebung.
Die ersten Vögel waren bereits erwacht, als der kleine Wicht müde, aber glücklich in seine Wohnung zurückkehrte. Sie befand sich zwischen den Wurzeln einer mächtigen Eiche. Nun traf der Zwerg alle andern Vorbereitungen. Er braute seinen beliebten Kräutertee und rüstete die verschiedenen Salate. Da die Sonne schien, tischte er draussen für seine Freunde auf.
Pünktlich auf das Mittagessen erschienen Zinos Gäste. Es waren die Waldfee Wilma, der Baumelf Benno und Gabi das Glückskind. Sie legten ihre Geschenke auf den hübsch angerichteten Esstisch. „Herzlichen Glückwunsch, lieber Zino, zu deinem 352. Purzeltag!“, sagten die drei wie aus einem Mund. Zwerg Zino bedankte sich laut lachend. Denn er beobachtete nämlich wie Benno blitzschnell ein grosses Blatt vom Bärlauchsalat verschlang und heftig husten musste. „Oh, so viele feine Sachen!“, piepste Gabi das Glückskind. „Und übrigens ich wäre unterwegs beinahe von einem Fuchs angeknabbert worden!“, fuhr sie aufgeregt fort. „Er hatte es natürlich auf mein rotes Pilzhütchen abgesehen. Doch ich konnte mich in letzter Sekunde noch vor seiner Schnauze in Sicherheit bringen. Ich zwängte mich nämlich in einen hohlen Baumstrunk. Nur mit Müh und Not konnte ich mich jedoch wieder daraus befreien. Als nächstes wurde ich von einer Maus verfolgt, aber die wurde dann…“ Gabi wollte noch weiter erzählen, aber Zino unterbrach sie. “Ja, Gabi, da hattest du wie immer Glück! Und auch jetzt, denn unser gefrässiger Benno hat dir doch noch etwas von deiner Lieblingsspeise übrig gelassen.“
Der eifrig kauende Baumelf blickte erstaunt auf, denn Gabi griff sofort nach den letzten beiden gefüllten Pfefferminzröllchen neben seinem Teller. Mit vollem Mund fragte sie: „Warum kann eigentlich König Karl nicht kommen?“ „Er muss in seinem Königreich zum Rechten schauen. Der Magier Max macht mal wieder Ärger. Aber vielleicht kommt der König noch gegen Abend bei uns vorbei“, antwortete Zino und griff nach seinem Nussschalenbecher. „Stossen wir auf deinen Purzeltag an, lieber Zino!“, rief Wilma, breitete ihre Flügelchen aus und machte einen Freudensprung. Dabei landete sie mit einem ihrer Beinchen im klebrigen Löwenzahnhonig. Alle lachten vergnügt.
Gestärkt und voller Tatendrang traten Zinos drei Freunde endlich zur Schnitzeljagd an. Der Zwerg reichte ihnen den ersten Zettel. Wilma begann zu lesen: „Willkommen auf meiner Purzeltags-Tour. Die nächste Nachricht findet ihr zu Füssen der alten Wettertanne. Habt Spass, gebt gut auf euch acht und kehrt fröhlich und munter wieder zu mir zurück!“ „Inzwischen bereite ich die Waldbeerentorte und den Eichelkaffee vor. Und übrigens, beim letzten Zettel werdet ihr zusätzlich eine tolle Überraschung finden!“, ergänzte der Zwerg geheimnisvoll. „Los, Freunde, eilen wir zum Hügel mit der schiefen Tanne! Ich kenne sie höchstpersönlich“, rief der Baumelf aufgeregt und fasste Wilma und Gabi an ihren Händchen.
Die Wettertanne freute sich über den Besuch und zeigte mit einem ihrer hängenden Äste auf einen moosigen Stein, worunter der Zwerg den Zettel versteckt hatte. „Bravo, das habt ihr gut gemacht! Meine Beinchen tragen mich nun schleunigst zum Sonnenbalkon von Renate. Grüsst sie bitte von mir“, las Wilma. Dabei blickte sie fragend auf ihre zwei Begleiter. „Damit meint er Renate, die freundliche Ringelnatter. Sie lebt am kleinen Teich. Aber wo sie sich jeweils sonnt, weiss ich auch nicht genau“, erklärte Benno und schwebte bereits voraus. „Wartet auf mich, ich bin nicht so schnell!“, zeterte Gabi. Weil sie ja ein Glückskind ist, fand sie dafür als erste Renates sonnigen Balkon. Es waren drei auffällige Steinplatten, die aus dem Wasser ragten. Die Schlange war jedoch nirgends zu sehen. In einem Spalt zwischen den Steinen steckte die dritte Botschaft.
Wilma öffnete das sorgfältig zusammengefaltete Papierchen und las: „Das geht ja rasch, meine Lieben! Wollt ihr noch ein Bad nehmen oder folgt ihr direkt meiner Spur zum Auenwald? Dort findet ihr bei der höchsten Birke eine weitere Nachricht von mir.“ Der Weg war diesmal nicht weit, aber die Suche nach der höchsten Birke erwies sich als sehr schwierig. Wilma und Benno schwebten von einer zur nächsten bis sie plötzlich entdeckten, dass an der schwarzweissen Rinde eines dieser schlanken Laubbäume ein Zettelchen klebte. „Diesmal hat Zino seinen Papierschnitzel nicht gut versteckt“, stellte Gabi erstaunt fest. „Und schaut mal seine kraklige Schrift, er ist wohl in Zeitnot geraten, unser lieber Freund“, lachte Wilma und entzifferte die falschen Buchstabenfolge. „Get in Riechtung Norden, biss ir zu einen schwartzen Felsen kommt!“ Der Baumelf und die Waldfee nahmen Gabi diesmal in ihre Mitte und schwebten fröhlich über den feuchten Waldboden. Sie bemerkten dabei nicht, dass sie den Zettel liegen gelassen hatten.
Endlich erhob sich ein unförmiger, schwarzer Felsblock vor ihnen. Er war zum Teil von einem Gestrüpp überwuchert. Inmitten dieser Äste und Blätter steckte das Zettelchen. „Was hat sich Zino denn dabei gedacht? Es ist schier unmöglich, an seinen Papierschnitzel zu gelangen“, stellten die drei Freunde enttäuscht fest. Trotzdem versuchten sie die Nachricht irgendwie hervor zu klauben. In diesem Moment begannen sich die biegsamen Äste, um sie zu schlingen. „Aua, lass los!“, beschwerte sich Benno. Wilma und Gabi schrien, denn ihre Kleidchen hatten sich in den Dornen verfangen. Es gelang keinem der drei kleinen Waldwesen sich zu befreien.
Niemand hörte die Hilferufe der drei Gefangenen. „Hoffentlich werden wir nicht von hungrigen Waldbewohnern gefressen!“, schluchzte Wilma, die Waldfee. Gabi weinte leise vor sich hin. Der Baumelf versuchte mit dem Dornenbusch zu verhandeln. Doch dieser reagierte nicht auf Bennos Bitte und verharrte in seiner böswilligen Umklammerung. Plötzlich ertönte ein unheimliches Krächzen. Ein grauer Reiher flog dicht an den schwarzen Felsen heran. Er schnappte mit seinem langen Schnabel nach den drei kleinen Wichten. Jedesmal, wenn die Spitze des Schnabels gefährlich nah an die Freunde reichte, schrien diese noch lauter. Dann versuchte der Graureiher mit seinen langen Stelzenbeinen die Beute durch die Dornen hinweg zu ergreifen. Als er dabei ganz dicht an Bennos grünes Wams gelang, erschallte eine laute, unheimliche Stimme. „Mach, dass du weg kommst! Geh zu deinen Fischen und Fröschen, aber lass die Winzlinge in Ruhe!“
Der Magier Max stand plötzlich grinsend neben dem grossen Vogel und schwang seinen Zauberstab. Der Reiher breitete enttäuscht seine Flügel aus und flog krächzend davon. „Was gibt es da zu lachen, Max?“, rief Benno empört. „Das ist ganz und gar nicht lustig!“, schluchzte Wilma und blickte mit schmerzverzerrtem Gesichtlein auf ihre zerkratzten Ärmchen. „Wir wären beinahe vom Reiher gefressen worden!“, zeterte Gabi und befahl dem Magier sie endlich zu befreien. Dieser spielte jedoch böse lachend mit seinem Zauberstab und meinte: „Ich wusste gar nicht, dass ihr so was von dumm seid und die falsche Fährte nicht bemerkt habt. Da habe ich euch ja alle drei wunderbar reingelegt.“ „Du warst das? Du hast Zinos Papierschnitzel ausgewechselt und uns hierher gelockt?“, fragten die drei Freunde. Max nickte kichernd. „Dieser dumme Streich hätte für die Gefangenen aber ganz tragisch ausgehen können!“, brüllten zwei wütende Stimmen aus dem nahen Wald. Da tauchten doch prompt König Karl und Zino auf. Sie blickten streng den überraschten Magier an. „Befrei sie auf der Stelle und sorge dafür, dass ihre zerrissenen Kleidchen wieder ganz werden!“, befahl der König dem Zauberer.
Dieser berührte knurrend mit seinem magischen Stab das Gestrüpp, worauf dieses zurückwich und die drei freigab. „Wie habt ihr überhaupt den Felsen gefunden?“, wollte Karl ärgerlich vom König und dem Zwerg wissen. „Als meine Freunde nicht zurückgekehrt sind, machte ich mich mit meinem Gast, König Karl, auf die Suche nach ihnen. Wir haben in der Nähe des Teiches den gefälschten Papierschnitzel gefunden“, berichtete der Zwerg aufgeregt und hielt das Zettelchen in die Höhe. „Und sofort war mir klar, dass du dahinter stecken musstest“, ergänzte König Karl und riss dem Magier sofort den Zauberstab aus der Hand. „Nun reicht es mit deinen Streichen! Ich erhalte jeden Tag Beschwerden von den Waldbewohnern. Wenn du so weitermachst, jage ich dich aus meinem Königreich! Zur Strafe musst du den ganzen Wald vom Müll und Unrat der Menschen säubern und zwar ohne Zauberstab. Den gebe ich dir erst wieder, wenn du den Auftrag zufriedenstellend erfüllt hast.
Und nun gehen wir zu Zino nach Hause und feiern ausgiebig seinen Purzeltag!“, befahl der König. „Und ich?“ Der Magier stand mit hängendem Kopf vor König Karl. Dieser warf einen kurzen Blick auf Zino und der Zwerg begann in ernstem Ton zu reden: „Wenn du mir versprichst, nie mehr die Waldbewohner zu ärgern, dann kannst du auch am Fest teilnehmen. Aber zuerst müssen wir noch die von mir versteckte Überraschung holen. Sie befindet sich dort, wo das letzte Zettelchen hingewiesen hätte.“
Der Magier Max wurde plötzlich ganz rot und stotterte:„ Das Päckchen habe ich bereits geholt.“ „Auch das noch!“, stöhnte Zino kopfschüttelnd und Benno und Wilma fügten entrüstet hinzu:„ Welch eine Frechheit!“ Gabi wollte wissen, was der Zwerg denn überhaupt versteckt hatte. Da fischte der Zauberer unter seinem schwarzen Spitzhut ein Säckchen hervor. „Ich habe noch nicht alles genascht.“ Mit diesen Worten öffnete er die Tüte und zeigte auf die vielen bunten Schokolädchen darin. „Die essen wir jetzt auf dem Heimweg!“, schlug Zino vor. Gemeinsam und mit Schokolade verschmierten Mündern kehrten die fünf glücklich und zufrieden zur Wurzelwohnung des Zwerges zurück. Der Zauberer Max folgte mit einem kleinen Abstand, denn er hatte bereits begonnen unterwegs Abfall aufzulesen.
ENDE